Aufbahren für den sanften Abschied

Der Tod eines geliebten Menschen reißt eine schmerzliche Lücke in den Familienverbund und löst zuerst einmal Schock und Trauer aus. Das Aufbahren gibt die Möglichkeit, in Ruhe noch eine Weile zum Abschied noch Zwiegespräche zu halten. Selbst wenn man diesen unabänderlichen Abschied erwartet hat - aufgrund von Alter oder Krankheit - ist die endgültige Realität trotzdem schockierend und lähmend. Trauer kann man nicht antizipieren, und so überfällt sie die Angehörigen mit voller Wucht. Bewährte Rituale können allerdings helfen, den Trauerprozess in Gang zu setzen und sich schneller mit dem Tod auszusöhnen.
Gesellschaftliche Traditionen bei Umgang mit dem Sterben
In früheren Zeiten war der Tod etwas Alltägliches, das zum Leben gehörte und bewusst wahrgenommen wurde. Die Menschen starben überwiegend zu Hause, so dass der Sterbeprozess von den Angehörigen ganz konkret erlebt und aktiv begleitet werden konnte. Diese Vertrautheit mit dem Sterben erleichterte es vielen Hinterbliebenen, leichter damit umzugehen, weil diese Sterbebegleitung eine wichtige Vorbereitungsfunktion hatte. Man konnte ganz gezielt Abschied nehmen, vielleicht noch einige Dinge klären und eine Art inneren Frieden mit dem Tod schließen.
Moderner Umgang mit dem endgültigen Abschied
Heutzutage sterben viele Menschen nicht mehr zu Hause, sondern in Krankenhäusern oder Alters- beziehungsweise Pflegeheimen. Der Tod ist weitgehend aus dem Alltag verdrängt, die Sterbebegleitung wird professionellen Kräften überlassen, und der Abschied ist demzufolge sehr abrupt und kommt als Schock. Das führt bei den Hinterbliebenen oft zu einem Gefühl nicht nur des Verlustes sondern auch des Bedauerns, weil so viel ungesagt blieb und nicht erledigt wurde. Dieses Gefühl des Nicht-abgeschlossen-Habens ist sehr schmerzlich und hemmt den natürlichen Trauerprozess.
Aufbahren - langsames Abschied nehmen
Das Ritual des bewussten Abschieds ist sehr wichtig, um die Realität des Todes zu verstehen, zu akzeptieren und seinen inneren Frieden damit zu machen. Der Schmerz und die Trauer werden die Angehörigen noch etliche Zeit begleiten, aber es ist dann eine stille Trauer und keine wütende oder ungläubige. Deshalb ist es sehr hilfreich, wenn möglich die Gelegenheit zum Aufbahren wahrzunehmen, um allen, die dem Verstorbenen verbunden waren, die Gelegenheit zu ihrem persönlichen stillen Abschied zu geben.
Der Verstorbene wird vom Bestattungsinstitut vorbereitet und kann dann bis zu sechsunddreißig Stunden in der Wohnung aufgebahrt werden. Angehörige, Freunde, Nachbarn und Kollegen können in aller Ruhe im Sterbezimmer Abschied von dem Verschiedenen nehmen, ihm in stummer Zwiesprache noch ein letztes Mal wichtige Dinge sagen und ganz für sich die Realität des Todes erkennen und akzeptieren. Für viele ist es enorm tröstlich, diese Gelegenheit zum persönlichen Abschied bekommen zu haben und nicht nur distanziert mit einem geschlossenen Sarg konfrontiert zu werden.
Dieser Artikel wurde von Angelika Schmid geschrieben.

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